Die Bürgerschaftsfraktionen von SPD, CDU, Grüne und FDP haben sich auf grundsätzliche Strukturentscheidungen bezüglich der Standorte und im Speziellen des Hamburger Jugendvollzugs verständigt. Dazu bringen die vier Fraktionen einen gemeinsamen Antrag in die Bürgerschaft ein. So verständigten sich die Fraktionen unter anderem darauf, die Errichtung einer eigenständigen Jugendanstalt am Standort Billwerder prioritär zu prüfen und damit den derzeitigen Standort auf Hahnhöfersand aufzugeben.
Dazu Richard Seelmaecker, justizpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion: „Bereits 2012 hatte Oppositionschef André Trepoll die Idee, die Strukturfragen im Justizvollzug gemeinsam und auf lange Sicht zu beantworten. Ob schlechte Arbeitsbedingungen, steigende Gefangenenzahlen oder Drogen hinter Gittern – der Hamburgische Justizvollzug steht noch immer vor massiven Herausforderungen und Problemen, die der Justizsenator unabhängig von der Strukturfrage anpacken muss. Mit dem Vollzugsfrieden machen wir nur einen ersten wesentlichen Schritt zur Verbesserung. Das zentrale Anliegen der CDU-Fraktion, den Jugendvollzug wohnortnah in Hamburg sicherzustellen, statt ihn nach Schleswig-Holstein zu verlagern, wird nun umgesetzt. Wir werden so sicherstellen, dass resozialisierende Maßnahmen erfolgreich sind, damit künftige Straftaten und Rückfälle weitgehend verhindert werden. Schließlich erhalten auch unsere Mitarbeiter im Vollzug endlich Planungssicherheit auch für ihre berufliche Zukunft.“
Dazu Urs Tabbert, justizpolitischer Sprecher der SPD Bürgerschaftsfraktion: „Wir haben gemeinsam mit den beteiligten Fraktionen ein gutes Ergebnis erzielt. Der Justizvollzug in Hamburg wird von dieser bislang einmaligen Einigung enorm profitieren. In der Vergangenheit war die Frage der Justizvollzugsstandorte allzu häufig ein prominenter Zankapfel zwischen den Regierungsparteien und der Opposition. Die mehrfache Revision von Grundsatzentscheidungen von Vorgängerregierungen zu den einzelnen Standorten hatte erhebliche Konsequenzen für die Inhaftierten und Bediensteten und erzeugte unnötige Unsicherheiten. Verbunden damit waren Fehlinvestitionen und Effizienzverluste. Mit der jetzt erfolgten Einigung stellen wir die Struktur und die inhaltliche Ausgestaltung des Hamburger Justizvollzugs langfristig sicher, schaffen Planungssicherheit für die Bediensteten und vermeiden Nachteile für die Inhaftierten. Das Ergebnis darf man mit Fug und Recht als justizpolitischen Meilenstein und als einen Sieg fachpolitischer Vernunft bezeichnen. Die Justizbehörde wird die notwendigen Prüfungen zur Realisierung einer neuen Jugendstrafvollzugsanstalt in Hamburg weiter auf der Basis des interfraktionellen Antrags konkretisieren. Alle beteiligten Fraktionen sollen auf diesem Weg fachlich eng eingebunden werden.“
Dazu Anjes Tjarks, Vorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Ich freue mich sehr, dass wir eine sehr breite Zustimmung über die Fraktionsgrenzen hinweg für diesen Antrag erreicht haben. Abstimmung, Planung und Bauvorhaben von Vollzugsanstalten sind langfristige Prozesse und überdauern Wahlperioden. Unsere gemeinsame Richtungsentscheidung ist daher ein großer Schritt in einen Bereich, der in den letzten Jahren nicht von politischem Konsens geprägt war. Wir erreichen mit dem Neubau am Standort Billwerder Synergieeffekte und steigern die Effizienz. Die Vollzugsanstalt ist stadtnäher und daher für alle Beteiligten besser erreichbar, wodurch wir die Resozialisierungsperspektiven der Gefangenen deutlich verbessern.“
Dazu Anna von Treuenfels-Frowein, Vorsitzende und justizpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Die fraktionsübergreifende Einigung zu den Strukturen des Jugendvollzugs in Hamburg beruht im Wesentlichen auf liberalen Initiativen der vergangenen Jahre. Seit 2016 haben wir gefordert, den Jugendvollzug in Hamburg unterzubringen. Das hätte deutlich früher umgesetzt werden müssen und nicht erst nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Schleswig-Holstein. Wir freuen uns, dass mit dieser Lösung nun liberale Justizpolitik in Regierungshandeln einfließt. Aus der Opposition werden wir den Prozess der weiteren Planungen aktiv begleiten und den Senat an den konkreten Forderungen des gemeinsamen Antrags messen. Die fraktionsübergreifende Einigung verstehen wir jedoch nicht als Freifahrtschein für die Justizbehörde, die wir in der Vergangenheit immer wieder stark kritisiert haben. Wir werden nicht aus den Augen verlieren, dass in anderen Bereichen der Justizpolitik – sowohl bei der Situation an den Gerichten und den Staatsanwaltschaften, als auch bei der Resozialisierung und der Opferhilfe – weiter großer Handlungsbedarf für Kurskorrekturen besteht.“