Heute befasst sich die Bürgerschaft in zweiter Lesung mit der Einführung eines Bürgerschaftsreferendums, das Senat und Parlament die Möglichkeit gibt, Projekte von grundsätzlicher und gesamtstädtischer Bedeutung den Hamburgerinnen und Hamburgern direkt zur Entscheidung vorzulegen. Auf Initiative der Fraktionen von SPD, CDU und GRÜNEN wird heute außerdem das Ausführungsgesetz auf den Weg gebracht, mit dem die verfahrensrechtlichen Vorgaben für die Durchführung von Bürgerschaftsreferenden auch besonders fair für die Volksinitiativen geregelt werden. Die mit diesem Gesetz und der Verfassungsregelung vorliegenden Bestimmungen für Bürgerschaftsreferenden bilden aus Sicht der antragstellenden Fraktionen eine ausgewogene Grundlage für das neue Instrument der Volksabstimmung auf Antrag von Senat und Bürgerschaft. Die bestehenden Beteiligungsmöglichkeiten in Gestalt von Volksinitiativen werden uneingeschränkt gewährleistet und angemessene Fristen gesetzt, um einen frühzeitigen Dialog und eine Meinungsbildung, auch zu möglichen Gegenvorlagen zu gewährleisten (siehe Hintergrund).
Dazu Olaf Steinbiß, verfassungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion: "Heute schaffen wir die Grundlage dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger im November über die Bewerbung Hamburgs um die Olympischen und Paralympischen Spiele abstimmen können - und zwar verbindlich und verlässlich. Referenden bedeuten insgesamt eine zusätzliche Möglichkeit der Entscheidung des Volkes und sorgen daher für ein Mehr an Demokratie und Bürgerbeteiligung. Und wer sich die Verfassungsergänzung mit den darin eingezogenen hohen Hürden und vor allem die sehr detaillierten Bestimmungen im Ausführungsgesetz anschaut, kann sich nur wundern, warum manche Kritiker nun meinen, sie müssten den Volksentscheid retten. Der Volksentscheid braucht aber nicht gerettet werden, denn er ist trotz der vielen Spekulationen von interessierter Seite überhaupt nicht in Gefahr. Referenden machen auch keine Volksinitiativen kaputt, wie es manche in diesen Tagen glauben machen wollen. Fakt ist: Referenden ergänzen die in Hamburg schon jetzt vorbildlich ausgebaute Bürgerbeteiligung um ein weiteres Element - nicht mehr, aber auch nicht weniger."
Dazu Karin Prien, verfassungspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion: "Mit dem Bürgerschaftsreferendum schaffen wir die Voraussetzungen für eine verbindliche Befragung der Hamburger zu Olympia und damit für mehr Demokratie in unserer Stadt. Die Ergänzung der Verfassung und das in dieser Form in Deutschland einmalig fortschrittliche Ausführungsgesetz, schaffen eine faire und ausgewogene Balance zwischen Volksgesetzgebung und einem weiterhin starken Parlament. Das Bürgerschaftsreferendum schafft die Möglichkeit für eine frühere Beteiligung des Volkes zu den ganz großen Projekten in Hamburg und ist damit auch ein Weg zu mehr Planungssicherheit. Die Gegner müssen sich jetzt fragen lassen, warum sie mehr demokratische Beteiligung ablehnen und was ihre wahren Motive für die völlig überzogene Kritik sind. Das Bürgerschaftsreferendum ist ein zusätzliches Instrument der Volksgesetzgebung, das unsere Demokratie in Hamburg beleben wird und den Volksentscheid ergänzt."
Dazu Farid Müller, verfassungspolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion: "Ab heute kann die Bürgerschaft große Richtungsentscheidungen für Hamburg dem Volk zur Abstimmung vorlegen. Volksinitiativen können sich ebenfalls in die Abstimmung einbringen. Die Bedingungen dafür haben wir deutschlandweit vorbildlich geregelt. Hamburg baut so seine Spitzenstellung in der Direkten Demokratie aus. Und wir haben uns verpflichtet, nach der Abstimmung über die Olympiabewerbung aus den Erfahrungen zu lernen. Dazu haben wir eine so genannte Evaluationsklausel direkt in die Verfassung geschrieben."
Hintergrund
Das Ausführungsgesetz sieht unter anderem vor:
- Die Öffentlichkeit wird mindestens sechs Monate vor einem Beschluss über die Absichten, ein Referendum zu initiieren, informiert.
- Es wird eine neutrale Fragestellung und faire Verfahrensgestaltung gewährleistet:
Wahrung des Rücksichtnahmegebotes gegenüber Volksinitiativen insbesondere durch Unterlassung von Fristverkürzungen im parlamentarischen Verfahren und ein verpflichtendes Zusammenfallen von Einleitungs- und Terminbeschluss für das Referendum.
- Zwischen dem Einleitungsbeschluss der Bürgerschaft für ein Referendum und dem Abstimmungstag müssen mindestens vier Monate liegen.
- Die Sammlung von Unterschriften für Volksinitiativen die eine Gegenvorlage starten wollen beginnt erst am Tag nach den Schulferien. So muss keine Initiative in den Schulferien sammeln.
- Allen Abstimmungsberechtigten wird zusammen mit den Wahlunterlagen ein Informationsheft zugehen, in dem alle Positionen die Möglichkeit haben, ihre Argumente darzulegen. Für Gegeninitiativen, die keine Volksinitiativen sind, ist eine vereinfachte Aufnahme in das Heft gewährleistet.
- Bewährte Regeln aus der Volksgesetzgebung finden auch bei Bürgerschaftsreferenden Anwendung, wie beispielsweise die Vorgabe, dass ein Referendum an einem Nicht-Wahltag in einer bürgerfreundlichen Briefabstimmung von zu Hause aus durchgeführt wird. Zudem wird die Auswahl des Abstimmungstermins sich an dem Ziel einer möglichst hohen Abstimmungsbeteiligung orientieren.